12 Juni 2011

Massiver Anstieg der Mieten in Berlin

Von Emma Bode

Die Mieten in Berlin sind in den letzten zwei Jahren um durchschnittlich 7,9 Prozent gestiegen. Das geht aus dem Berliner Mietspiegel 2011 hervor, den die Senatorin für Stadtentwicklung Ingeborg Junge-Reyer (SPD) Ende Mai auf einer Presseveranstaltung vorstellte. Verantwortlich für den dramatischen Anstieg der Mieten ist der rot-rote Senat, der eine Politik im Sinne der großen Wohnbaukonzerne und Finanzspekulanten betreibt. Laut Berliner Mieterverein hat die Hauptstadt im Jahre 2010 den Investoren die höchsten Renditen auf dem deutschen Wohnungsmarkt eingebracht. Der SPD-Linkspartei-Senat hat seit seinem Amtsantritt 150.000 öffentliche Wohnungen privatisiert, die verbliebenen städtischen Wohnbausgesellschaften auf Renditeorientierung verpflichtet, den staatlichen Wohnungsbau völlig eingestellt und durch den Ausstieg aus der Anschlussförderung für Sozialwohnungen extreme Mietsteigerungen ermöglicht. Auch vorhandene Instrumente zum Erhalt von günstigem Wohnraum, wie das Zweckentfremdungsverbot, wurden vom Senat nicht genutzt. 2004 hatte der Senat die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft GSW an die Investoren Goldmann Sachs & Cerberus (Anm. Zinnober: an den Teufel persönlich!) verkauft und damit die Kontrolle über 65.000 Wohnungen aus der Hand gegeben. Das Unternehmen ist inzwischen börsennotiert und die Aktionäre wollen Dividende sehen. Die neuen Eigentümer haben allein im Jahre 2009 fast eine halbe Milliarde Euro aus dem Unternehmen abgezogen, während die Modernisierung und Instandhaltung der Wohnungen vernachlässigt werden und die GSW rigoros gegen säumige Mieter vorgeht. Der vom Senat herausgegebene Mietspiegel bildet den durchschnittlichen Anstieg der Mieten ab und dient gleichzeitig als Grundlage für weitere Mietsteigerungen. Hausbesitzer können die Miete alle drei Jahre ohne weitere Begründung um bis zu 20 Prozent erhöhen, wenn diese unter der „ortsüblichen Vergleichsmiete“ liegt. Auch beim Abschluss neuer Mietverträge und gerichtlichen Entscheidungen dient der Mietspiegel als Richtschnur. Da im Mietspiegel nur Mietverträge berücksichtigt werden, die während der letzten vier Jahre abgeschlossen oder erhöht wurden, nicht aber günstigere Bestandsmieten, die sich nicht verändert haben, dreht der Senat allein durch die Art der Berechnung mit an der Preisschraube.
Zahlreiche Wohnungsunternehmen werden den neuen Mietspiegel als Freibrief betrachten, die Mieten noch einmal drastisch zu erhöhen. Vor 2009 lagen die jährlichen Steigerungsraten bei lediglich 0,8 Prozent. Doch in den letzten beiden Jahren hat sich diese Rate verfünffacht. Durchschnittlich kostet der Quadratmeter einer Mietwohnung (netto-kalt) nun 5,21 Euro statt zuvor 4,83 Euro. Hinzu kommen die Kosten für Heizung, Wasser, Müllabfuhr, usw., die wegen der Spar- und Privatisierungspolitik des Senats ebenfalls drastisch gestiegen sind. Die Mieterhöhung von 7,9 Prozent ist ein Durchschnittswert. Für einige Stadtteile und Wohnungstypen ist die Steigerung wesentlich höher. Bei rund einem Viertel aller frei finanzierten Wohnungen liegt der Mietanstieg über zehn Prozent. Die Nettopreise von Kleinwohnungen unter 40 Quadratmeter stiegen durchschnittlich um 8,5 Prozent, von mittelgroßen Wohnungen (60 bis 90 Quadratmeter) um 7,6 Prozent und von großen Wohnungen (über 90 Quadratmeter) um 9,3 Prozent. Für die rund 60.000 Neubauwohnungen in Berlin liegt die Miete inzwischen bei rund sieben Euro je Quadratmeter und Monat. Besonders hoch ist die Mietsteigerung mit 11,8 Prozent bei attraktiven Altbauten, die vor 1918 entstanden sind. Noch stärker, nämlich um sage und schreibe 17,5 Prozent, stiegen die Mieten für Altbauwohnungen ohne moderne Heizung oder Bad, wie sie von Geringverdienern, Arbeitslosen und Studenten bevorzugt werden.
Auf der Pressekonferenz der Senatorin für Stadtentwicklung protestierten junge Leute, die sich als die „Überflüssigen“ bezeichneten, gegen den „Mieterhöhungsspiegel“. Der Berliner Wohnungsmarkt sei ein „Spielplatz für Reiche, und der Senat spielt mit“, erklärten sie. Die „Selbstorganisation der Mieter“ protestierte gegen die „extremen Mietsteigerungen“. Demgegenüber behauptete Senatorin Junge-Reyer, es gebe weiterhin einen großen Bestand an leer stehenden Wohnungen. Deshalb bestehe in Berlin kein Wohnungsmangel. Doch in Berlin werden zunehmend Wohnungen in Büros, Praxen und Unterkünfte für Touristen umgewandelt und der verfügbare Wohnraum wird damit weiter verknappt.

Quelle und Weiterlesen: WSWS

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