13 April 2013

Miese Tricks: Versicherungen nehmen das Geld ihrer Kunden, zahlen aber nicht

Rechtsanwältin Beatrix Hüller versichert sich nur minimal. Schließlich hat sie selbst lange bei einer Versicherung gearbeitet. Die Frau weiß, warum man dort als Kunde meist der Dumme ist. Sie ist inzwischen so etwas wie das rote Tuch der Versicherungsbranche.

Versicherungen stürzen Tausende von Menschen in finanzielle und seelische Nöte. Sie kassieren zwar Jahr für Jahr und Monat für Monat ihre Prämien. Doch wenn sie einmal gebraucht werden, dann können sie sich fast ohne Risiko verweigern. Mehr als 430 Millionen Versicherungen haben die Deutschen abgeschlossen. Statistisch gesehen hat jeder Bundesbürger vom Baby bis zum Greis mehr als fünf Versicherungen. Es ist ein gewaltiges Geschäft. Denn jeder Bundesbürger zahlt statistisch gesehen pro Jahr 2.190 Euro allein für Versicherungen. Jeder Bürger hat dabei andere Vorlieben. Claudia Schiffer soll ihr Gesicht für 3,7 Millionen Euro versichert haben und David Beckham seine Beine für mehr als 52 Millionen Euro.

Die meisten Menschen im deutschsprachigen Raum suchen ganz anderen Schutz: Sie haben eine Haft-, eine Kranken-, eine Unfall-, eine Pflege- oder eine Rechtsschutzversicherung, viele auch eine Versicherung, die bei Berufsunfähigkeit eintreten soll. Und genau das kann die Bonner Anwältin Beatrix Hüller nicht verstehen. Sechs Jahre lang hat die gebürtige Ingolstädterin bei einer großen Versicherung in der Abteilung »Berufsunfähigkeit« als Sachbearbeiterin gearbeitet. Sechs Jahre lang hat sie die Tricks gelernt, die Ansprüche von Kunden abzuwimmeln, sie zu vertrösten – möglichst bis die biologische Lösung eintritt oder der Antragsteller einfach entnervt aufgibt. »Wenn man einen Leistungsantrag aus der Berufsunfähigkeitsversicherung stellt, also Geld von der Versicherung haben will, dann hat man einen neuen Job«, sagt die 53 Jahre alte Juristin, deren Büro nur unweit vom alten Bonner Kanzleramt entfernt ist. Versicherungen leben nicht davon, Gelder an Kunden auszuzahlen, sondern davon, möglichst viel Geld einzunehmen und zu verwalten. Beatrix Hüller sagt: »Die Versicherer nehmen erst einmal fast alle Kunden auf, auch Risikokunden. Und wenn sie später zahlen sollen, dann schließen sie die Leistungen aus, lassen die Kunden einfach hängen.« Beatrix Hüller sagt: »Bei der Unfallversicherung gab es schon vorformulierte Textbausteine mit Ablehnungsgründen. Da musste man noch nicht mal mehr einen individuellen Brief schreiben. Von 100 Leistungsfällen habe ich bestimmt zwei Drittel abgelehnt.«