03 April 2015

Rolf Hochhuth warnt vor dem dritten Weltkrieg

von Alexandra Bader

Der deutsche Dramatiker Rolf Hochhuth feierte am 1. April seinen 84. Geburtstag in der Berlin. Aus diesem Anlass hielt einer einen Vortrag zum Thema "Als trojanischer Esel der NATO in den dritten Weltkrieg?". Hochhuth empfindet "unseren Umgang mit dem Kreml" als lebensgefährlich gerade auch angesichts gebrochener Versprechen gegenüber Russland.


Denn wie der ehemalige Präsident Gorbatschow (und nicht nur er) beteuert, haben Bundeskanzler Kohl, US-Außenminister Baker und andere ihm zugesichert, dass sich die NATO keinen Millimeter nach Osten bewegen werde; nur so war die deutsche Wiedervereinigung möglich. Hochhuth stellt fest, dass die deutsche Außenpolitik (die nur mehr im Rahmen der NATO aktiv werden darf) auf einem Tiefpunkt wie selten ist, seit Stalin die Amerikaner 1948/49 dazu gezwungen hat, Berlin per Luftbrücke zu versorgen. An diese "moralische Großtat" muss Hochhuth erinnern, weil sonst der falsche Eindruck entstehen könne, seine Kritik "an der jetzt kriegstreibenden Politik des Pentagon" beruhe auf einem Vorurteil gegenüber den USA.

Hochhuth war bei Kriegsende 14, als die Amerikaner in seiner nordhessischen Heimat den Nazi-Bürgermeister durch seinen Onkel ersetzten. Wenig später fiel ganz in der Nähe der Eiserne Vorhang, den alle so intensiv ablehnten, dass sie nie DDR sagten, sondern immer Ostzone. Als "Zonenrandgebiet" war diese Gegend auch karg, was Jobchancen für Junge betraf, sofern diese nicht ein elterliches Geschäft geerbt hatten.. Das Zutrauen zur Bonner Republik bis 1989 war daher auch marginal. Man könne Hochhoth nun nicht unterstellen, er rede "ostzonal", wie wenn er aus der DDR stammen würde, wenn er feststellt: "Ich glaube, Amerika wird Russland in absehbarer Zeit zum Krieg provozieren."

Er bezeichnet "uns Deutsche" als den "trojanischen Esel der NATO", was ja "keiner freiwillig" tut, der selbst Deutscher ist und begründet dies damit, dass sich die Presse kaum "mit einer beängstigenden Vereinbarung zwischen Kreml und Weißem Haus auseinandergesetzt hat": Wenn der kalte Krieg zum heißen, atomaren wird, trägt man ihn weder auf russischem noch auf amerikanischem, sondern auf deutschem Boden aus. Dazu verweist Hochhuth auf die Memoiren von Henry Kissinger, und er erwähnt eine ausführliche Unterhaltung mit Willy Wimmer, der zur Zeit von Helmut Kohl Staatssekretär im Verteidigungsministerium war.

Es ging dabei auch um die Frage, ob die Alliierten vereinbart haben, dass dann bei ihnen allen - also in Russland, den USA, Frankreich, Großbritannien - "keine Fensterscheibe kaputtgeht". Wimmer erzählte Hochhuth eine "schauerliche Anekdote" von einem NATO-Manöver, bei dem er 1989 den Verteidigungsminister vertrat. Die NATO habe verlangt, Nuklearangriffe auf Dresden und Postdam zu befehlen (unter Beteiligung von in Westdeutschland stationierten US-Atomwaffen, von denen es heute immer noch 20 gibt). Wimmer habe sich "außerstande gesehen, auch in einem Übungsgeschehen, dafür die Zustimmung zu geben und den amtierenden Bundeskanzler gebeten, die Übung als Bundesrepublik Deutschland zu verlassen. Dieser Bitte hat Herr Kohl umgehend entsprochen, sodass es zu einem einmaligen Vorgang im Bündnis kam.... Da war Toben im Bündnis angesagt."